Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus

und

Münchner Friedensbündnis

PRESSEMITTEILUNG - 27./28. Juni 2015
auch als PDF zum Download

betrifft: Proteste gegen Beförderungsappell der Bundeswehr vor Schloss Nymphenburg

Feldjäger attackieren 70-jährigen Zivilisten

siehe inzwischen: Prozess 23.2.2016

Unglaubliche Szenen spielten sich am Samstag vor Schloss Nymphenburg ab: Zwei Feldjäger stürzten sich unversehens mit voller Wucht auf einen Mann im schwarzen Anzug, der mit täuschend ähnlich wirkender Gauck-Maske vor dem Gesicht der angetretenen Truppe zugerufen hatte: „Habt acht!“ Keine drei Sekunden später rissen sie ihn von seinem mitgebrachten Schemel brutal zu Boden, sodass seine Brille zerbrach. Sie knieten sich auf ihn, rissen mit ihren rauen Quarzhandschuhen bewehrt seinen Kopf herum und fesselten ihn auf der Wiese liegend, um ihn dann ruppig abzuführen und abseits der Polizei zu übergeben.

Tatsächlich blieb er bis auf einige Schrammen und Flecken körperlich unversehrt. Sein „Eisernes Kreuz“ konnte er sich später abholen. Gegen ihn wird nun wegen „Hausfriedensbruchs“ ermittelt. Die Bundeswehr reklamierte das Schloss-Areal an diesem Tag als ihren Privatbesitz. Für Museumsbesucher gab es keine Chance, für Gegner militärischen Gepränges ohnehin nicht.

Die Bundeswehr-Universität hatte allerdings kurz zuvor zu ihrem Beförderungsappell öffentlich eingeladen und schriftlich versichert, „alle Interessierten“ seien „eingeladen teilzunehmen“ an dieser für eine „Parlamentsarmee“ doch sehr befremdlichen Schulabschluss-Feier vor der feudalen Schloss-Kulisse. Einen Tag vor dem Appell jedoch sollte ihre scheindemokratische Ankündigung plötzlich nichts mehr gelten. Das Ganze wurde zur geschlossenen Veranstaltung umdeklariert. Das Gelände wurde weiträumig abgeriegelt, und jeglicher Protest gegen das absurde Militärspektakel ins weite Rund des Schlossrondells verbannt. Einzelne Frauen in Schwarz standen stumm an den Absperrgittern, als „trauernde Witwen“. Das zumindest mussten die Offiziere zähneknirschend hinnehmen. Ein ortsnaher kollektiver Protest in Sicht- und Hörweite wurde jedoch rigoros unterbunden. Der stand am Rand.

Dort pfiffen und hupten ca. 50 Demonstranten mit Transparenten und Schildern, weitab und unbemerkt von Soldaten und dem handverlesenen Gäste-Kontingent, das offenbar deutlich zu knapp bemessen war. Selbst einige nahe Angehörige durften an der Überreichung der Offizierspatente an ihre Kinder oder Enkel nicht teilnehmen. Sie wurden an den Zugangskontrollen brüsk abgewiesen. Ein wütender Vater klagte: „Jetzt sind wir extra aus Nürnberg angereist, und dann dürfen wir nicht einmal bei der Beförderung unseres Buben dabei sein. Sowas ist doch nur einmal im Leben! Das ist doch eine Schweinerei von der Bundeswehr.“ Die schien organisatorisch völlig überfordert und reagierte entsprechend gereizt.

Am Rande der eilig angemeldeten Gegenkundgebung wurde ein junger Antimilitarist verhaftet, weil er ein blaues Hemd mit einem Aufnäher der Freien Deutschen Jugend (FDJ) trug, nach der eigenwilligen Ansicht eines Kommissars vom Staatsschutz (K44) sei das eine Straftat gegen § 86 a StGB: Das Verbot des öffentlichen Zeigens verfassungsfeindlicher Kennzeichen, eigentlich ein Paragraph gegen Nazi-Symbole wie Hakenkreuze und SS-Runen. Ein entsprechender Prozess läuft derzeit ohnehin. Die vorübergehende Ingewahrsamnahme zur Feststellung der Personalien geschehe quasi auf Vorrat, begründete der Beamte sein Vorgehen: „Falls es doch strafbar sein sollte“.

Wir protestieren gegen die Inbeschlagnahme öffentlichen Grundes für geschlossene Privatveranstaltungen der Bundeswehr zu militaristischer Propaganda und letztlich als Reklame für den Krieg, in den sie die frisch gebackenen Leutnants aller Voraussicht nach demnächst schicken wird.

i.V.
Wolfgang Blaschka (Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus)
Brigitte Obermayer (Münchner Friedensbündnis, Isabellastr. 6, 80798 München, Tel. 089/2 71 59 17)