Matthias Gast beim Ostermarsch 2025 auf dem Marienplatz München

Eröffnungsrede Ostermarsch

Liebe Freundinnen und Freunde,

herzlich Willkommen beim 64. Münchner Ostermarsch. Der erste Ostermarsch in München fand 1961 statt. Er begann an der KZ-Gedenkstätte in Dachau und endete am Königsplatz in München.

Erich Kästner sprach auf dem Königsplatz. Die Bundeswehr war bereits 6 Jahre alt. Die neue Wehrpflicht war noch ein Kleinkind und die atomare Aufrüstung war im vollen Gang.

Die Ostermärsche wurden gegründet, um gegen die atomare Aufrüstung und die Gefahr eines Atomkriegs zu protestieren, die im Kontext des Kalten Krieges in den 50er-Jahren immer bedrohlicher wurde.

Damals stand die Weltuntergangs-Uhr auf 7 Minuten vor 12. Ein symbolisches Uhrwerk, das die existenzielle Bedrohung durch eine globale Katastrophe veranschaulichen soll. Zu den Gründungsvätern gehörten auch Albert Einstein und Julius Robert Oppenheimer – Wissenschaftler des Manhattan-Projekts.

Heute steht die Uhr auf 89 Sekunden vor 12. Das ist weniger als 
1,5 Minuten. Das gabs noch nie, nicht während der Kubakrise, nicht während der Atomwaffentests. Es war noch nie so gefährlich wie heute.

Dabei kann uns die Geschichte der Weltuntergangs-Uhr eindeutig zeigen, was zu tun wäre, um die Welt sicherer zu machen.

Kleiner Tipp: Aufrüstung ist es nicht.


Im Jahr 2025 ist der INF-Vertrag Geschichte. Der ABM-Vertrag, der START-Vertrag, der KSE-Vertrag, das Open-Skies-Abkommen – nichts davon existiert mehr.

Stattdessen modernisieren die Amerikaner ihre Atomwaffen bereits seit 2014, Russland baut seine Hyperschall-Fähigkeiten weiter aus, China will sein Arsenal erheblich erweitern, in Belarus stehen nun russische Atomwaffen und Deutschland will amerikanische Mittelstreckenraketen stationieren oder zu einer neuen französischen nuklearen Teilhabe wechseln, was eine massive nukleare Aufrüstung Frankreichs zur Folge hätte.

Während die Atomsupermächte sich gegenseitig drohen, melden sich die Europäer regelmäßig zu Wort. Sie wollen mitmischen beim atomaren Schlagabtausch. Doch keine Sorge. Die Nina-Warn-App wird uns rechtzeitig benachrichtigen. Wir haben 5 Minuten, um die Atomschutzbunker zu erreichen, die es nicht gibt.

Aufgrund neuer Technik und dem Vorrücken der NATO ist die Reaktionszeit heute deutlich verkürzt. Ein Atomkrieg aus Versehen ist heute viel wahrscheinlicher. Solche Vorfälle gab es in der Vergangenheit zu genüge. Ein fehlerhaftes Instrument, ein Wetterballon, ein Defekt im Frühwarnsystem, aber auch die Fehlinterpretation einer NATO-Übung. Zum Glück ist es nach der Apokalypse nicht mehr nötig, den Fehler zuzugeben, dass Deeskalation die bessere Strategie gewesen wäre. Es wird niemanden mehr interessieren.

Stattdessen beruhigt Friedrich Merz mit der Aussage: Ich habe keine Angst vor einem Atomkrieg mit Russland. Es zeugt nicht von Mut, die Büchse der Pandora zu öffnen. Und es ist auch nicht mutig, die größte Atommacht der Welt herauszufordern. Es ist dumm, unvernünftig und unverantwortlich. Und das sind nicht die Eigenschaften, die ein Bundeskanzler haben sollte. 

 

2021 war das Jahr der großen Hoffnung. Ein wegweisender Politikwechsel sollte kommen. Eine strengere Rüstungsexport-Politik und eine wertegeleitete, feministische Außenpolitik. Was für ein Irrtum.

In der Realität wurde daraus eine Verdoppelung der Rüstungsexporte gegenüber der Merkel-Regierung. Zusammenarbeit mit einem salafistischen Al-Qaida-Terroristen in Syrien und Unterstützung rassistischer Kriegsverbrecher bei einem mutmaßlichen Völkermord in Gaza. Was daran wertegeleitet oder feministisch ist, versteht kein Mensch.

Die Hoffnung auf echte Veränderungen zugunsten unserer Umwelt versprachen die Grünen. Doch wie bei Ampeln üblich, kommt schnell die Erkenntnis: Grüner wird’s nicht.

Stattdessen schloss man sich der NATO-Strategie an, Russland und China einzudämmen, um der endenden Vorherrschaft der USA entgegenzuwirken. Nuklearer Winter schlägt Klimaerwärmung.

Dabei ist Militär und Krieg mit grüner Ideologie nicht vereinbar. Krieg bedeutet in seinem Wesen nicht nur die Zerstörung menschlichen Lebens, sondern auch unserer Umwelt.

Schwerindustrie, Treibstofflager, Giftmülllager, Munitionslager, militärisches Gerät und Infrastrukturen wie die Wasserinfrastrukturen werden zerstört. Eingesetzt werden hoch toxische Sprengstoffe wie TNT und RDX. Zurück bleiben kontaminierte Böden, verseuchtes Grundwasser und ökologische Katastrophen.

Die Zerstörung von Infrastrukturen lösen ökologische und soziale Kettenreaktionen aus. Im Jemen, im Sudan, Burkina-Faso, Syrien und natürlich auch in Gaza, der Ukraine und vielen anderen Orten.

Die mutwillige Zerstörung trifft aber auch die Wälder. Besonders bekannt die chemischen Entlaubungsmittel in Vietnam. Wälder filtern unser Wasser, reinigen unsere Luft und regulieren ein angenehmes Mikroklima. In Afghanistan jedoch nicht. Dort fielen in manchen Regionen 95 Prozent der Wälder dem Krieg zum Opfer.

 

Und auch die medial vermarktete Kornkammer Europas, die Ukraine, wird sich in weiten Teilen nicht mehr für die Landwirtschaft eignen. Das Trauma des Krieges wird Jahrzehnte anhalten. Ganze Generationen werden an den Schulden ersticken. Und die ukrainische Führung hat die Ukraine bereits an den Westen verscherbelt, für einen Marinestützpunkt auf der Krim und Lithium in der Ostukraine. Zurecht wollen viele Ukrainerinnen und Ukrainer nicht zurück in ein Land, das von Oligarchen beherrscht wird. Ein Land, aus dem Reiche rauskommen und die Armen im Schützengraben sterben. Zu gewinnen gibt es dabei nichts, außer für die Rüstungskonzerne.

Ein Merkmal für den aufziehenden Militarismus in Deutschland ist die vorrangige Politik für militärische Interessen und vorrangige Ausgaben für Aufrüstung. Politiker rufen zur Kriegswirtschaft auf. Kliniken stellen sich auf Krieg ein. Die Wehrpflicht soll zurückkommen und Schulen werden verpflichtet mit der Bundeswehr zusammenzuarbeiten. In Bayern wurde die Zivilklausel bereits verboten. Und all das wird von strategischer Kommunikation durch militärische Propagandazentren begleitet. Doch seid gewarnt, denn Freiheit und Demokratie auf der einen Seite und Militarismus auf der anderen Seite stehen sich feindlich gegenüber. Sollte der Militarismus weiter voranschreiten, wird er Demokratie und Freiheit verdrängen.

Die tägliche Propaganda ist widersprüchlich. Ein Diktatfrieden ist ungerecht, in Gaza aber nicht. Die Verschiebung von Grenzen ist inakzeptabel, in Palästina aber nicht. Besatzung ist illegal, in Palästina unterstützt Deutschland den Besatzer. Russland will die Ukraine auslöschen, Israel verteidigt sich nur. Mit Putin darf man nicht reden, mit Netanjahu aber schon.

Hinterfragt die westlichen Werte, denn sie beinhalten auch den Hunger als Waffe im Jemen. Sie beinhalten auch Terrororganisationen, die es ohne den Westen nie gegeben hätte. Sie beinhalten tote Zivilisten im Irak, Syrien, Libyen und Afghanistan. Sie beinhalten Fluchtursachen, Klimawandel, Umweltzerstörung und Ausbeutung. Und westliche Werte beinhalten 16.000 getötete Kinder in Gaza und 20.000 werden weiterhin vermisst.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ostern steht für Neuanfang. Und das wäre dringend nötig. Wir müssen raus aus der Konfrontation, rüber zur Kooperation. Wir müssen raus aus der Eskalation, rüber zur Deeskalation. Wir müssen raus aus der Aufrüstungsspirale, rüber zur Abrüstung.

Lasst uns für diesen Neuanfang werben. Wir müssen die Kriegstreiber, die Rüstungslobby und die Troll-Netzwerke der NATO für Strategische Kommunikation übertönen. Was vor 64 Jahren richtig war, ist heute auch noch richtig. Wir brauchen Diplomatie, wir brauchen Zusammenarbeit und wir brauchen Abrüstung.

Euch allen wünsche ich nun einen erfolgreichen Ostermarsch und für morgen: Frohe Ostern.

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